An Tagen wie diesen

Die Zivilschutzorganisation Aargau Ost offenbart im Wiederholungskurs «Strong», der grössten Übung des Jahres, ihre Vielseitigkeit. Über einen Tag, an dem einiges zusammenkam.

Am Horizont hat die Sonne eben erst begonnen, über die Alpen zu klettern, als sich gut 100 Angehörige der Zivilschutzorganisation Aargau Ost in Wohlen einfinden. Es ist kurz vor 6 Uhr. Manchen Mienen ist die kurze Nacht noch anzusehen. Wach sind hingegen die Augen der Einsatzleiter. Sie, die an diesem Tag den Wiederholungskurs «Strong» verantworten. Es ist die grösste Übung des Jahres. Startet, wenn das Gros der Bevölkerung noch im Bett liegt. Und endet, wenn es sich in der Nacht wieder zudeckt. Über 200 Zivilschützer werden am Ende dieses Tages beteiligt gewesen sein. Zwei-Schicht-Betrieb. Grossübung eben. Ein Tag, an dem einiges zusammenkommt. Das wissen die Zivilschützer. Was sie erwartet, hingegen nicht.

Bald verlassen die ersten Einsatzfahrzeuge das Gelände. Einsatz auf dem Übungsplatz Stäglerhau in Mägenwil. Ein hügeliges, unübersichtliches Stück Land. Ein forderndes auch. Nur wenige befestigte Strassen, dafür allerlei Wiesen und Kieslandschaften. Die ersten Ankömmlinge teilen sich auf. Die einen nehmen sich dem Aufbau der Infrastruktur an, die anderen die Umgebung unter die Lupe. Spätestens jetzt sind alle wach. Emsig gar. Zelte werden aufgebaut, Kommandoposten eingerichtet, Funkverbindungen getestet, Übersichtspläne skizziert. An Tagen wie diesen soll alles zusammenpassen. Muss alles zusammenpassen. Schliesslich handelt es sich um eine Ernstfall-Simulation der aufwendigen Sorte.

Der Wiederholungskurs «Strong» markiert auch deshalb eine Zäsur, weil es seit der Fusion zur Zivilschutzorganisation Aargau Ost noch nie eine solch komplexe Übung im Verbund gab. Rasch offenbart sich auf dem Übungsgelände aber, dass die Zivilschützer aller Organisationen bereits symbiotisch verbunden sind. Selbst wenn es hektisch wird. Kaum steht die Infrastruktur, erreichen den Kommandoposten die ersten Schadensmeldungen: Hier blockiert ein von Baumstämmen durchdrungenes Auto eine Brücke. Da ist ein Eingang zu einem Bunker zusammengestürzt. An einem weiteren Ort wurde ein Auto gefunden, dass in einem Teich gelandet ist. Den Verantwortlichen wird schnell klar, dass sämtliche Funktionsgruppen gefragt sind: vom Führungsunterstützer bis zum Pionier.  

«Die grösste Herausforderung ist die Kommunikation. Kriegt jeder jene Informationen, die er benötigt? Das ist am Ende des Tages die entscheidende Frage», sagt ein Zivilschützer im Schatten des Kommando-Zelts und blickt zufrieden über das Feld. Die Informationen fliessen, die Aufträge sind formuliert. Gewusel in Mägenwil. Um das Auto, das die Brücke blockiert, haben sich mittlerweile zig Pioniere versammelt. Nachdem sie sichergestellt haben, dass im Auto keine Person auszumachen ist, machen sie sich beruhigt an die körperlich fordernden Arbeiten. Baumstämme, Betonelemente und schliesslich das Auto – alles wird fachgerecht bearbeitet. Am Ende des Morgens ist die Brücke befreit.

Wasserpumpen-Dröhnen gesellt sich zum Autobahn-Rauschen

Weiter oben auf eine Anhöhe haben Zivilschützer aus Holzstämmen ein bemerkenswert grosses Ausgleichsbecken gebaut. Hierher soll später das Wasser aus dem Teich gepumpt werden, um einerseits das hineingeratene Auto zu befreien und anderseits allfällige absetzbare Stoffe vom Wasser zu trennen. Folgt man dem Schlauch erreicht man den besagten Teich. Dort gesellt sich gerade das Dröhnen einer Wasserpumpe zum permanenten Rausch der nahegelegenen Autobahn. Bald verstummt die Wasserpumpe wieder. Ein Defekt. Nicht ideal, aber auch das gehört zu einer solchen Übung. Die Zivilschützer lassen sich nicht aus der Ruhe bringen, nehmen Kontakt mit dem Kommandoposten sowie dem Materialdepot auf. Bald ist die Erklärung für den Pumpenstreik gefunden und der Teich schliesslich entwässert. Es ist nur eine von vielen Episoden, die zeigen, warum man von einer geglückten Grossübung sprechen kann.

Im Hintergrund werden die Zivilschützer von externen Schiedsrichtern beobachtet. Sie sind da, um die Leistung der Zivilschutzorganisation Aargau Ost an diesem Tag zu bewerten. Ihre Beobachtungen und Inputs sind deshalb wichtig, weil sie in das Schlussfazit fliessen. Genauso die Erfahrungsberichte der Beteiligten. «Letztlich geht es darum, dass sich bei einer solchen Übung herauskristallisiert, wo wir noch Verbesserungspotenzial haben. Jene Punkte, die nicht perfekt waren, thematisieren wir dann in den nächsten Ausbildungsblöcken», erklärt Major Marc Schmidhauser. Denn eines wollen die Zivilschützer unbedingt vermeiden: Stillstand.